T1D Basalrate: Wissenschaft oder Religion?

Die richtige Einstellung der Insulin-Basalraten ist ein entscheidender Aspekt der Pumpentherapie bei Diabetes Typ 1. Diese kleinen, konstanten Insulindosen, die über den Tag hinweg abgegeben werden, bilden das Fundament der Blutzuckerkontrolle. Basalraten sind sozusagen der unsichtbare Held im Hintergrund, der dafür sorgt, dass der Blutzuckerspiegel abseits der Mahlzeiten im Alltag stabil bleibt.

Das erklärte Ziel der Basalrate ist somit klar: Wenn wir unserer ganz normalen Routine nachgehen aber nichts essen, soll der Blutzuckerwert im Optimalbereich bleiben. Es fällt schnell auf, dass dieses Ziel nicht zu erreichen ist. Was ist denn eine „normale Routine“? Welcher Mensch hat jeden Tag einen identischen Ablauf? Was ist mit länger schlafen am Wochenende? Was ist mit Sport? Was it mit Schichtarbeitern? Was ist mit Hormonzyklen? Man muss das Ziel also entschärfen und eventuell umformulieren auf „Die Basalrate denkt den Insulinbedarf abseits der Mahlzeiten in den allermeisten Fällen korrekt ab“.

In der „Looper-Community“ hat die Basalrate nochmal eine größere Bedeutung, da die meisten Algorithmen die Basalrate als Basis für ihre Regelung nehmen. D.h. es ist besonders wichtig, dass die Basalrate tatsächlich in den allermeisten Fällen grob dem Bedarf entspricht. Gerade bei Schichtarbeit und Hormonzyklen muss man daher oft mit mehreren Profilen arbeiten, die auf die unterschiedlichen Situationen optimiert sind. Aber wie bestimmt man denn ein Basalratenprofil?

Die Erstellung eines individuellen Basalraten-Profils bei Diabetes Typ 1 kann auf verschiedene Weisen erfolgen. Hier sind vier mir bekannte Methoden, die Diabetiker:innen bei der Feinabstimmung des Insulinregimes helfen können:

  1. Renner Schieber: Diese Methode verwendet den „Renner Schieber“ um ein initiales Basalratenprofil für den Patienten zu erstellen. Durch schrittweise Anpassungen der initialen Basalraten auf Grundlage persönlicher Beobachtungen (oder besser: durch Nutzung der Trieal & Error Methode) wird versucht, das ideale Profil zu finden. Soweit mir bekannt, ist dies die gängige Methode um neue Pumpenpatienten mit einem Basalratenprofil zu versorgen.
  2. Trial & Error: Hierbei werden Basalraten durch wiederholtes Testen und Anpassen im Alltag ermittelt. Allerdings ist die Methode sehr zeitaufwändig, vor allem wenn mehrere Profile benötigt werden.
  3. Zirkandiale Basalrate: Dieser Ansatz berücksichtigt natürliche Schwankungen des Insulinbedarfs während des Tages. Durch Anpassung der Basalraten in Abhängigkeit von Tageszeiten können bessere Kontrollen erreicht werden. Sie zeigt auf den ersten Blick große Ähnlichkeit mit dem Renner Schieber (was man aber niemals laut sagen darf 😉 )
  4. Datenbasierte Methoden: Moderne Insulinpumpen und kontinuierliche Glukosemesssysteme ermöglichen datengestützte Ansätze. Hier werden Blutzuckerdaten und Insulinbedarf analysiert, um die Basalraten präzise anzupassen. Diese Methoden sind in der Regel genauer, erfordert jedoch technisches Know-how.

Die Wahl der Methode hängt von persönlichen Vorlieben und individuellen Bedürfnissen ab. Man kann fast von einer „Glaubensfrage“ sprechen. Verfechter einer bestimmten Methode legen eine erstaunliche Leidenschaft an den Tag, fehler und unzulänglichkeiten der jeweils anderen Methoden aufzudecken und anzuprangern. In den folgenden 5 Artikeln werde ich mir mehrere Methoden genauer anschauen und pro und contra Argumente sammeln.

Was ist eure Lieblingsmethode? Und Warum?